Biberach soll zum Handchirurgie-Zentrum werden

BIBERACH - Mit 200 Teilnehmern war der dritte Kongress für Handchirurgie und Handtherapie doppelt so stark besetzt wie die gleiche Veranstaltung 1998. Das Thema - gewinnt weiter an Bedeutung. Deshalb sollen ab 2002 regelmäßige Jahrestagungen mit zusätzlichen Kursen und dem Einbezug von Universitäten stattfinden.
Von unserem Redakteur Gunther Dahinten
Dies sagte als Resümee Dr. Thomas Gottorf, der maßgebliche Initiator der Biberacher Tagung für Handchirurgie und Handtherapie. Er hat auch jetzt wieder zusammen mit der Biberacher Physiotherapeutin Beate Winkhaus, dem Mittelbiberacher Physiotherapeuten Antonius Moll und dem Ottobeurer Physiotherapeuten Paul Kubben die fachmedizinische Tagung in Biberach und in Bad Schussenried organisiert und durfte sich über die deutlich verstärkte Nachfrage gegenüber den ersten beiden Veranstaltungen dieser Art 1997 und 1998 freuen.
Die Idee hat eingeschlagen. Der Kongress für Handchirurgie und Handtherapie, in dieser Zusammensetzung sicher der größte in Deutschland, soll zur festen Einrichtung werden.
Seine Bedeutung liegt nicht nur in der fachlichen Fortbildung, sondern auch im Miteinander von Chirurgen und Therapeuten - also denen, die operieren und denen, die nach dem Eingriff die Übungen vornehmen, damit der Patient die Hand und den Arm wieder gut bewegen kann. Fünfzig Prozent des Erfolgs einer Operation hängen nach Auskunft von Dr. Gottorf davon ab, wie gut die nachbehandelnde Therapie ist.
Auch jetzt, beim 3. Kongress, lernten die beiden Disziplinen voneinander: Therapeuten konnten sehen, wie operiert wird und wie das Innere der Hand aussieht; Ärzte verfolgten die Griffe und Bewegungen, mit denen Finger, Hand- und Armgelenke durch die Therapeuten wieder zur Mobilität geführt werden. Aus der gegenseitigen Beobachtung können dann auch Empfehlungen resultieren, die zu Verbesserungen beim Operieren und Therapieren führen.
Handchirurgie hat zwar noch keine Facharzt-Anerkennung, bildet sich aber seit etwa fünf Jahren immer mehr als Spezialisierung heraus. Die Spezialisierung liegt nahe, weil die Hand mit ihrer komplizierten Konstruktion besonderer Fähigkeiten in der chirurgischen Behandlung bedarf. Chirurgen können nach dreijähriger Weiterbildung mit Prüfung an einer handchirurgischen Klinik aber immerhin schon die Zusatzbezeichnung "Handchirurg" führen.
Die 3. Tagung für Handchirurgie und Handtherapie fand im praktischen Teil am Kreiskrankenhaus Biberach statt. Dort gab es zwei hochinteressante Operationen und dort wurde auch die Partnerschaft mit der Anästhesie unter Prof. Lanz praktiziert. Handoperationen werden zumeist ambulant durchgeführt. Dass bei einer kurzstationären Behandlung für schwerere Eingriffe keine Kostenübernahme durch die gesetzliche Kasse im Kreis Biberach vorgesehen ist, wird von den Ärzten allerdings noch als Schwachpunkt gesehen.
Der theoretische Teil der Veranstaltungen fand im Neuen Kloster Bad Schussenried statt, dem repräsenta-tiven Ort für Kurse und Vorträge. In Schussenried konnte den Teilnehmern auch ein bisschen der Geist des oberschwäbischen Barock vermittelt werden, denn immerhin kamen sie ja außer aus ganz Deutschland aus der Schweiz, den Niederlanden, aus Österreich und Frankreich.
Hoffnung für Patienten durch neuartige Operation
Die Kunde von denOperationen, die in Biberach durchgeführt wurden, wird bei Patienten, die ähnliche Beschwerden haben, mit Freude und Hoffnung aufgenommen werden.
Zum einen setzte der niederländische Professor Niels van Leeuwen aus Dordrecht einem Patienten ein künstliches Handgelenk aus Titan ein. Es stellt eine Verbindung zwischen dem Ellbogenknochen und der Handwurzel dar.
Die zweite Operation war die Behandlung eines "Tennisarms" (der nicht nur vom Tennisspielen kommt). Prof. Dr. Albrecht Wilhelm aus Aschaffenburg stellte fest, die bisherige Theorie vom Sehnenverschleiß könne nicht aufrecht erhalten werden. Vielmehr sei die Ursache eine Druckschädigung des - eingeklemmten - "nervus radialis" und seiner Äste. Die Operation sorgt für eine Druckentlastung und Unterbrechung der Schmerzleitung.
Professor Wilhelm erläuterte auch eine neue Behandlung der Sudeckschen Dystrophie - berüchtigt wegen der quälenden Schmerzen in der Hand. Die Ursache konnte bisher nicht vollständig geklärt werden. Prof. Wilhelm macht Patienten mit der Aussicht auf erfolgreiche operative Behandlung Hoffnung - weil er die Ursache kennt: eine venöse Blut-Abflussbehinderung, die das sympathische Nervensystem reizt. Erfolg mit Operationen hatte er schon.
Im Mai 2001 will Prof. Wilhelm zusammen mit Dr. Gottorf in Biberach eine Sudeck-Operation durchführen, was die Bedeutung des künftigen Handchirurgie-Zentrums Biberach bestätigen würde.
Quelle: Schwäbische Zeitung 2001